Sol Invictus

The Cruellest Month

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(Prophecy / Auerbach 2011) CD 13 Tracks

Nach einem Viertaljahrhundert muss man die britischen Barden Sol Invictus um Tony Wakeford vermutlich nicht mehr vorstellen. 17 Alben hat man veröffentlicht, die aktuell bei Prophecy (zuzüglich einiger Soloalben) in einer attraktiven Box neu aufgelegt wurden. Von besonderem Interesse jedoch ist nach längerer Abstinenz das neue Album: "The Cruellest Month".

Vor sechs Jahren war mit "The Devil's Steed" ein zu Unrecht marginalisiertes Werk auf Dark Vinyl erschienen, das nach Jahren des Experiments zu den traditionellen Wurzeln zurückkehrte und kraftvolle Folkakkorde mit kämpferischem Gesang vereinte. Die letztes jahr erschienene Single "The Bad Luck Bird" schien diesen Weg zu bestätigen: Der treibende Titeltrack beschwor die Hymnen der ersten Jahre ("A Ship is Burning", "Looking for Europe" und andere unvergessliche Klassiker), und doch war etwas anders. Die neue Besetzung brachte eine komplexere Instrumentierung in die Band: Bodhran-Drums, Flöten, zwei Streicher, Trommeln, Bass... Der Sound der beiden Single-Tracks erschien erheblich dichter und zugleich von einer schneidenden Schärfe im Mix, während die Alben der Dekade zuvor eher immer weicher und neoklassischer geworden waren. Der zweite Vokalist Andrew King brachte zudem einen sehr traditionellen englischen Folkstil hinein. Um es kurz zu machen: Sol Invictus zeigen sich in alter Stärker und zugleich neuem Sound.

Auf "The Cruellest Month", wo "The Bad Luck Bird" ebenfalls vertreten ist, wird dieser neue Weg konsequent verfolgt. Tony Wakeford selbst kommentiert: "'The Cruellest Month' ist sehr wichtig für mich, da ich davon ausging, dass 'The Devil's Steed' (2005) das letzte Sol-Invictus-Album sein würde. Ich entledigte mich vor ein paar Jahren aber des morschen Holzes in der Band, und 'The Cruellest Month' belegt, dass ich damit die richtige Entscheidung getroffen habe. Dennoch bin ich mir noch unsicher, ob es das Ende von etwas Altem oder der Beginn von etwas Neuem ist." Sol Invictus sind also 2011 weniger altersweise und ruhig geworden, als energisch und selbstbewusst. So tauchen verzerrte Vocals auf ("Something' Coming"), die an die Postindustrialwurzeln der Musiker erinnern, kreischende E-Bass-Sounds wie in frühen jahren mit Karl Blake, aber auch sägende Streicher wie auf der Solo-CD "La Croix".

"The Cruellest Month" ist also keine leichte Kost: Der Sound erscheint geradlinig und aggressiv, die Melodien gehen immer wieder über in Dossonanzen, die Akustgitarre erklingt roh. Inhaltlich ist das entsprechend pessimistisch, teilweise gar verbittert, was wenig verwundert, wenn man Wakefords kurvige und umstrittene Karriere bedenkt. Dabei wechseln sich die unverwechselbaren lyrischen Wendungen des Frontmannes mit traditionellen Songs ab, die Andrew King meist interpretiert: die Massenmörderballade "Cruel Lincoln" oder die klassenkämpferische Hymne "The Blackleg Miner" etwa.

Sol Invictus spielen live und im Studio stets in einer eigenen Kategorie. Ohne sie sind spätere Bands wie :Of the Wand and the Moon: oder Sonne Hagal undenkbar. Und doch strebt man immer wieder nach neuem Licht. "The Cruellest Month" zeugt von dieser Unermüdlichkeit.

MaNic

 

Tracklist:
1. Raining In April
2. To Kill All Kings
3. The Sailor's Aria
4. Fools' Ship
5. Toys
6. Edward
7. The Bad Luck Bird
8. April Rain
9. Cruel Lincoln
10. Something's Coming
11. Stella Maris
12. The Cruellest Month
13. The Blackleg Miner