Michel Houellebecq

Lebendig bleiben

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Köln: Dumont 2006, 62 Seiten.

„Verschonen Sie sich selbst nicht; verschonen Sie niemanden.“ Der belgisch-französische Wahl-Ire Michel Houellebecq, der sich in den letzten Jahren als Kultautor der europäischen Intellektuellen etabliert hat, ist erstaunlicherweise immer dann in Höchstform, wenn er seine eigene Position reflektiert: das Sein als Autor. Dabei wählt er Formulierungen, wie E.M. Cioran – schwarzdenkerisch, kulturpessimistisch, zynisch – die gleich dem Werk des rumänischen Ahnen in Aphorismen gefasst werden. „Lebendig bleiben“ heißt ein kleines Büchlein, das nun in liebevoller Edition bei Dumont erschienen ist, und es enthält Houellebecqs künstlerisches Credo aus dem Jahre 1997. Wer also von seinen Romanwerken inzwischen genug hat, sollte hier noch einmal zugreifen, denn die spärlichen Zeilen erscheinen umso prägnanter und treffender, auch wenn sie auf die gewohnte Einsicht hinauslaufen: „Haben sie keine Angst vor dem Glück. Es existiert nicht.“

Ergänzend hat man eine Rezension beigepackt, die der Schriftsteller über seinen Kollegen Jean Cohen 1998 geschrieben hatte: „Die Poesie bricht die Ketten des Kausalen und spielt unentwegt mit der Explosivkraft der Absurdität; aber sie ist nicht die Absurdität. Sie ist die Absurdität, die zur Schöpferin gemacht wurde; zur Schöpferin eines anderen, seltsamen, aber unmittelbaren, unbegrenzten, emotionalen Sinnes.“ Dieser kurze Aufsatz war bereits in „Die Welt als Supermarkt“ erschienen.

Den Abschluss bildet die Prosavariante eines Gespräches, das die deutsche Autorin Ingeborg Harms anlässlich des letzten Romans „Die Möglichkeit einer Insel“ mit dem Schriftsteller geführt hatte: „Pariser Beton“. – Die Buchreihe Speicher bei Dumont einnert mit dem hartkartonierten Einband und den dicken Seiten an ein Notizbuch für die Ewigkeit, und irgendwie sind Houellebecqs kreative Glaubenssätze hier gut aufgehoben. Als Geschenk für den Hobbymelancholiker, der den eigenen Frust in Worte zu packen gedenkt, unverzichtbar.

:ms: