Texte zur Seduktionstheorie des Films

hrsg. von Marcus Stiglegger

*

Michael Brodski

INNOCENCE

Darstellung und Funktion von kindlicher Unschuld in Lucile Hadzihalilovics Spielfilm

(20.1.2015)

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Gothic-Elemente und ihre Bedeutung in INNOCENCE (R: Lucile Hadzihalilovic, F 2004)
2.1 Gothic-Polaritäten und ihre Verwendung in INNOCENCE
2.2 Die Ambivalenz im Gothic und die daraus entstehende Seduktion des Zuschauers
2.3 Gothic-Ambivalenz und seduktiver Verdacht in INNOCENCE
3 Das seduktive Potenzial der kindlichen Unschuld in INNOCENCE
3.1 Der Bruch mit der Gothic-Erzählung in INNOCENCE
3.2 Die Differenzierung von Sexualität und nichtsexueller Unschuld im Kontext des Vergleiches zwischen Frank Wedekinds Vorlage und INNOCENCE
3.3 Die Darstellung kindlicher Unschuld auf der dritten Seduktionsebene in INNOCENCE
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis


1 Einleitung

Der 2004 von der französischen Regisseurin Lucile Hadzihalilovic realisierte Film INNOCENCE wurde bei seiner Ausstrahlung recht kontrovers aufgenommen. Die Filmwissenschaftlerin Vicky Lebeau fasst diesen Sachverhalt etwa anhand einer in seiner Skepsis exemplarisch anzusehenden Rezension zusammen: „‚Great claims have beem made for this movie‘, wrote Philip French, striking a note that runs through initial reception of the film. ‚I found it distinctly creepy and wonder about the kind of audiences it might attract.‘“ [1] In der Tat könnte der Film schon aufgrund seines Plots über vorpubertäre Mädchen, die ohne Vorgeschichte in Särgen in ein in einem hermetischen Park situiertes Internat gebracht werden und dort unter anderem das Balletttanzen beigebracht bekommen, dann ab einem bestimmten Alter in einem unterirdischen Theater vor einem ominösen Publikum tanzen und nach der ersten Periode in eine andere Einrichtung verlegt werden, durchaus zunächst eher ratlose Reaktionen hervorrufen. Lebeau verweist im Rahmen der von ihr zitierten Aussage signifikanterweise darauf, dass ein derartiger „suspense, such wondering, owes much to the (frustrated, in this instance) expectation, that a desiring, but illicit, look at the young girl frames what is passing across the screen of INNOCENCE.“ [2] Aus einer solchen der Inszenierung von Kindern obliegenden Erwartungshaltung leitet sich die Frage ab, was Hadjicahilovics Werk in dieser Hinsicht suggerieren möchte. Warum evoziert es etwa scheinbar gerade diese Unschlüssigkeit über die Beschaffenheit des auf die Mädchen gerichteten Zuschauerblicks? Welche Rolle spielt dabei etwa der Verdacht von Pädophilie oder kindlicher Sexualität? Sind die Mädchen zur divergenten sexuellen Lust einer bestimmten Zuschauerzielgruppe inszeniert? Generiert der Film grundsätzlich überhaupt irgendeine Form sexueller Inhalte? Und wie genau lassen sich in diesem Zusammenhang die auf den ersten Blick womöglich diametral zueinander wahrgenommen Entitäten von Kind und Sexualität bewerten?

Eine mögliche Antwort könnte eine unter Berücksichtigung dieser spezifischen Fragestellungen aufbauende Analyse des Films ergeben. Dabei soll sowohl auf die inszenatorische Mittel eingegangen werden und des Weiteren anhand der den Film per se als seduktives Medium definierenden Studie Ritual und Verführung. Schaulust, Spektakel und Sinnlichkeit im Film (2006) von Marcus Stiglegger, die sich in INNOCENCE konstituierenden Potenziale und Möglichkeiten, den Zuschauer zu einer bestimmten Haltung zu verführen, untersucht werden. Einer der Ausgangspunkte soll dabei im Vergleich zwischen der literarischen Vorlage Mine-Haha oder Über die körperliche Erziehung junger Mädchen (1903) von Frank Wedekind respektive in den von Hadzihalilovic in ihrer filmischen Adaptation vorgenommen Modifikationen liegen. In dieser Hinsicht soll zunächst veranschaulicht werden, in welchem Ausmaß sich ihre Inszenierung im Gegensatz zur Vorlage an diversen Gothic-Motiven zu orientieren scheint. Diesbezüglich soll hervorgehoben werden, inwieweit das Schöpfen aus besagter Inspirationsquelle zur Konstruktion einer seduktiven Strategie im Hinblick auf einem – wie sich zeigen wird - dem Gothic inhärenten Diskurs über kindliche Sexualität verwendet wird. Im Anschluss daran wird aufgezeigt, inwieweit konträr zur Vorlage gerade nicht explizite Sexualität im Vordergrund steht, sondern stattdessen die Ausstellung der schon im Filmtitel implizierten kindlichen Unschuld entscheidend ist. Vor allem besagte Unschuld, ihre konkrete Funktion innerhalb der filmischen Inszenierung sowie eine soziokulturell codierte Konstruktion der Sexualisierung des Kindes werden hierbei im Zentrum stehen. In diesem Zusammenhang sollen insbesondere die Werke von James Kincaid Child-Loving: The Erotic Child and Victorian Culture (1992) sowie Erotic Innocence: A Culture of Child Molesting (1998) eine wichtige Rolle einnehmen. Kincaid, der grundsätzlich das Konzept der Kindheit in erster Linie als rein artifizielles Konstrukt ansieht [3], schreibt über die ihm zufolge gleichfalls konstruierte kindliche Unschuld: „We have, according to the needs of history and our own whim, made children savages and sinners, but we have also maintained their innocence, a quality we seem to need much more than they do.“ [4] Es soll im Verlauf dieser Arbeit unter anderem hervorgehoben werden, auf welche Weise die Unschuld des Kindes für den in Kincaids These adressierten Rezipienten relevant erscheint.

2 Gothic-Elemente und ihre Bedeutung in INNOCENCE (R: Lucile Hadzihalilovic, F 2004)

Während Frank Wedekinds Vorlage, von einer eine scheinbar naive, kindliche Wahrnehmung simulierenden Erzählweise überwiegend aus einer die Welt vornehmlich als schön und angenehm identifizierenden Perspektive beschrieben wird [5], könnte man Hadjicahilovics filmischer Adaptation einem weitaus widersprüchlicheren sowie ambivalenteren Stil zuordnen. Dieser ließe sich - wie im Anschluss nachgewiesen werden soll - eher der Gothic-Tradition zuordnen. Gerade seine spezifische Berücksichtigung könnte in einer von Lisa Hopkins hinsichtlich der grundsätzlichen Erweiterung einer Vorlage mit Gothic-Elementen beschriebenen Intention liegen, „that the ensuing work can continue to speak to a contemporary audience, without being bound to the conditions of its own time.“ [6] Sowohl in den literarischen Ursprüngen als auch auf der inszenatorischen Ebene des Films ließen sich im Gothic - im Hinblick auf den Analyseschwerpunkt dieser Arbeit auch jenseits der gängigen aus der Gothic Novel entstammenden Konventionen der Evokation einer von Angst und Schrecken determinierten unheimlichen Atmosphäre [7] - dabei zwei unterschiedliche Binärmodelle, „obsession[s] with doublings“ [8], wie Hopkins auf diese verweist, festlegen: Hierbei handelt es sich zum einen um sich einander kontrastierende Elemente - wie etwa diametral zueinander stehende Figurentypen - und zum anderen die Ambivalenz einzelner Charaktere selbst.

2.1 Gothic-Polaritäten und ihre Verwendung in INNOCENCE

Hinsichtlich ersterem postuliert Hopkins, dass das Gothic zunächst „tends to create polarities: extreme good is opposed to extreme evil, extreme innocence to extreme power, and very often extreme youth to extreme age.“ [9] Bezeichnenderweise sieht Kincaid zugleich diese konträre Konstruktion über die künstlerische Bedeutung hinaus geradezu als Kernnarrativ des gesellschaftlichen Diskurses über sexuellen Missbrauch von Kindern an: „It is a story of monsters and purity, sunshine and darkness, of being chased by the beast and finding your feet in glue […] Our story of child molesting is a story of nightmare, the literary territory of the gothic.“ [10] Diese Tendenzen zur Bildung von extremen Gegensatzpaaren, welche somit zugleich den Pädophilie-Diskurs auf ein „melodrama of monsters and innocents“ [11] sublimieren, sind auch in INNOCENCE anzutreffen: Wo in Wedekinds Vorlage Gegensätze aus der Ich-Perspektive der Erzählerin eher marginal angesprochen werden, wird gerade dieser Aspekt im Film häufig exponiert. In dieser Hinsicht wäre auch Hopkins‘ These zuzustimmen, wonach in einer derartigen Filmadaptation, welche „has introduced such polarization into literary texts which previously lacked it“, dieser Aspekt als eine „Gothicizing tactic“ [12] identifiziert werden kann. So inszeniert Hadzihalilovic etwa eine durch Schuss-Gegenschuss hervorgehobene Gegenüberstellung eines der jungen Mädchen mit einer alten Haushälterin. An anderen Stellen werden die fließenden (Tanz-)Bewegungen der Mädchen mit der hinkenden Gangart von Mademoiselle Edith (Hélène de Fougerolles), einer der beiden Lehrerinnen des Internats, kontrastiert. Dabei wird der Kontrast zwischen Jung und Alt, kindlicher Schönheit und alternder sowie deformierter Physiognomie deutlich aufgebaut. Besagte Diskrepanz zwischen Alter und Jugend wird auch in einer in der Vorlage nicht enthaltenen Szene zementiert, in welcher eines der Mädchen aus Neugier in die Unterkunft der Lehrerinnen schleicht und dort zur Zeugin einer der offensichtlich unter großen Schmerzen leidenden Edith von einem unbekannten Mann verabreichten Injektion wird. Das junge, lebensfrohe Mädchen wird in dieser Szene indirekt einer oppositionell situierten kränkelnden älteren Frau gegenübergestellt. Gerade die Tatsache, dass die meisten Mädchen blasse weiße Haut haben, wird wiederum durch ihre gleichfalls uniform weißen Kleider akzentuiert. Für Margarieta Georgieva definieren gerade „paleness and whiteness […] attributes of both childhood and adolescence“ [13] in Werken der ersten literarischen Gothic-Novel-Welle gegen Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts. Dieser Aspekt erscheint in dem hier zu analysierenden Kontext vor allem deshalb relevant, weil besagtes Weiß oft durch wenig ausgeleuchtete Interieurs oder (diegetisch) nur mit schummrigem Straßenlaternenlicht ausgeleuchteten Außenaufnahmen in der Dämmerung kombiniert wird. Karen Lurys auf race aufbauende Argumentation, die weiße Hautfarbe kleiner Mädchen würde sich in Filmen zu antagonistischen (Haut-)Farben als „determined and supposedly threatened by the darkness that surrounds it“ [14] erweisen, erscheint in diesem wenngleich anderen Kontext durchaus schlüssig, weil gerade das inszenatorisch exponierte Weiß die Mädchen in zugleich kontrastiv codierten Umgebungen durchaus bedroht erscheinen lässt. Dies wird auch in einer Szene hervorgehoben, in der die in weiße Ballettanzüge gekleideten Mädchen in Abgrenzung zu den schwarzen Anzügen der sie für die Wahl einer potenziellen Ballerina-Karriere begutachtenden Internatsdirektorin (Corinne Marchand) und ihrer Assistentin (Sonia Petrovna) stehen: Der exponierte Gegensatz der Darstellung „reinforces [the] whiteness (through a contrast with his non-whiteness)“ [15] und artikuliert durch diesen Antagonismus auf implizite Weise auch das angesprochene Binärmodell von monsters and innocents. Denn aufgrund einer dementsprechend durch eine „aesthetic of violent contrasts“ [16] geprägten Atmosphäre von latenter Bedrohung wird der Zuschauer dazu verleitet, im Zuge der erwähnten Binärstruktur die Mädchen in einer von extreme innocence geprägten Opferrolle, der durch den entsprechenden Kontrast mit extreme power codierten Direktorin ausgeliefert, zu sehen.

2.2 Die Ambivalenz im Gothic und die daraus entstehende Seduktion des Zuschauers

Das andere Binärmodell im Gothic konstituiert sich durch die Tatsache, dass die zuvor beschriebenen radikalen (Figuren-)Kontraste häufig nur auf den ersten Blick als solche erscheinen. Im Verlauf der Narration offenbaren viele Figuren hingegen zunehmend ambivalente, gar zwiegespaltene Qualitäten. Hopkins führt als Beispiel für diesen Erzählmodus das weibliche Opfer Lucy aus Bram Stokers Dracula (1897) an, welche sich im Verlauf der Erzählung immer deutlicher ihrem zunächst scheinbar konträr gegenüberstehenden vampirischen Peiniger habituell anzunähern beginnt [17]. Dabei merkt sie verallgemeinernd treffend an, dass der Rezipient im Gothic stets von einem „uncanny sense that the polarizations so beloved of the Gothic are not in fact as absolute as they seem – that things which appear to be opposite can actually be frighteningly, uncannily similar“ [18] konfrontiert werde. Die sich dadurch artikulierende „complex, shifting nature of the Gothic“ [19] führe so zu einem „blurring of previously secure polarities“ [20]. Der dem Gothic zugewandte Fin de Siècle-Autor Henry James bezeichnete dies etwa als „a process of adumbration“ [21]. Jene konstruierte Ambivalenz von Gothic-Figuren kann wiederum mit einer psychoanalytischen Lesart verknüpft werden. Denn gerade die moralische und mentale Ambiguität einer Figur birgt den Topos unterdrückter Sehnsüchte und Verlangen in sich. Wie Linda Mayer-Berenbaum anmerkt, zeichnen sich Gothic-Erzählungen vornehmlich dadurch aus, dass „repressed thoughts can surface in them.“ [22] Daraus lässt sich folgerichtig ableiten, dass die Vorstellung von Repression den Rezipienten direkt in ein „terrain of classical Freudian psychoanalysis, and this approach has been often and fruitfully deployed in reference to Gothic texts“ [23] führt.

Das somit auch psychoanalytisch konnotierte Motiv figuraler Ambivalenz im Gothic kann auch anhand von Kinderfiguren konstatiert werden. Dementsprechend merkt Georgieva an, dass die Kinder im Gothic eine „unification of opposites“ [24] darstellen. Somit erscheint die Figur des Kindes „as shifting from one state into another – from ugly to beautiful, from masculine to feminine, from strong to feeble.“ [25] Diese mehrcodierte Rolle kindlicher Figuren in Gothic-Narrationen erscheint gerade im Kontext mit den in dieser Arbeit zu analysierenden Themenfeldern der kindlichen Sexualität sowie der Verführung des Zuschauers äußerst signifikant. Bezüglich der sexuellen Konnotation von ambivalent erscheinenden Kinderfiguren stellen sich dabei zunächst die Ausführungen von Ellis Hanson als entscheidend heraus, der auf das „paradox of innocence and licentiousness in the same character“ [26] im Gothic verweist. Für Hanson war der erwähnte Henry James der erste Schriftsteller, der in The Turn of the Screw (1906) mit sexueller Ambivalenz ausgestattete Kinder ins Zentrum einer Gothic-Erzählung gestellt hat. [27] Darüber hinaus prononciert Hanson die bereits angeführte Konnotation zur Freud’schen Psychoanalyse im explizit sexuellen Kontext von Kindern:

Sigmund Freud invented the gothic child for the burgeoning field of psychology by making repressed childhood sexual trauma the basis for his theory of adult subjectivity. The inherently polymorphously perverse child upstaged the corrupted adult as the uncanny progenitor of trauma, horror, pathology, and sexual secrets, such that what is most modern about psychoanalysis seems also most gothic. [28]

Um Hansons Ansatz hinsichtlich dieser Parallelisierung der freudianischen Abhandlungen über kindliche Psyche und der künstlerischen Repräsentation im Gothic weiter folgen zu können, wäre es zunächst erforderlich, eine eingehendere soziokulturelle Deutung der latenten Sexualität des Kindes im Sinne Freuds vorzunehmen. Letzterem nach zu urteilen, wird das nach der Geburt durchaus vorhandene sexuelle Bewusstsein des Kindes durch die ödipale Kastrationsdrohung des Vaters in den Zustand der Latenz, des Unbewussten verdrängt [29]; hierdurch ist nach dem Säuglingsalter die Aktivität des sexuellen Einflusses zwar noch vorhanden, aber ihre Energie „is diverted, wholly or in great part, from their sexual use and directed to other parts.“ [30] Allein der Ausdruck Latenz impliziere jedoch schon rein rhetorisch die weiterhin vorhandene Sexualität des Kindes und führe unweigerlich dazu, dass dieses sodann permanent im sexuellen Kontext rezipiert werde. [31]

Kincaid schlussfolgert wiederum daraus, dass die Latenz gerade deshalb ein sexuell aufgeladener Terminus sei, eine „erotic projection onto the body of the child that renders that child fully an object of sexual forces, forces that operate deeply in and through the child and manifest themselves in any and all directions: thus, while no activites are really sexual, there are no activities which are really not sexual.“ [32] Das Kind trägt somit trotz der offensichtlichen Abwesenheit von Sexualität dennoch das Potenzial in sich, stets im sexuellen Kontext rezipiert zu werden. Damit konstituiert sich auch der psychosoziale Grundstein für die von Hanson für das Gothic propagierte Gleichzeitigkeit von Unschuld und Zügellosigkeit in derselben kindlichen Person. Auch im vom Gothic beeinflussten Film trat nach Hanson das sexuell ambivalente Kind gegen Ende der 1950er Jahre auf: Hierzu seien etwa Filme wie THE BAD SEED (BÖSE SAAT, R: Melvin LeRoy, USA 1956) BABY DOLL (BABY DOLL – BEGEHRE NICHT DES ANDEREN WEIB, R: Elia Kazan, USA 1956), THE CHILDREN’S HOUR (INFAM, R: William Wyler, USA 1961), oder auch auch die The Turn of the Screw-Verfilmung THE INNOCENTS (SCHLOSS DES SCHRECKENS, R: Jack Clayton, GB 1961) zu zählen. [33] Diese und ähnliche Filme „turned on secrets, in particular the scandalous secret of the violent, violated, or sexual child“ [34] und generieren dadurch eine „panic about the validity of interpretation, that hinges on our perception of a queer sexuality, in particular the illicit sexual desires and sexual knowledge of a child.“ [35] Essenziell erscheint dabei insbesondere ein bestimmter Rezeptionsmodus: Das zum sexuellen Geheimnisträger determinierte Kind kollidiert mit dem auf völliger Verneinung kindlicher Sexualität aufbauenden Unbehagen über die Tatsache, dass gerade in diesen Filmen das kulturell wie auch im Gothic die Unschuld des Kindes zementierende Monsters-and-Innocents-Binärmodell [36], mit einer Idee von mit queer konnotierten, da überhaupt vorhandenen Sexualität erweitert wird. Die Kinder in diesen Filmen werden zu „ciphers for a maddeningly, invitingly, titillatingly irresolvable regime of questions that we as readers ask, not without a sexual and political investment of our own.“ [37] Der Zuschauer wird auf diese Weise in besagten und ähnlich gearteten Filmen dazu verleitet, man könnte sagen verführt, einen genaueren Blick, einen „sexy peek, though always under the aegis of innocence“ [38] zu werfen. Gesteuert von dem Drang, die Möglichkeit kindlicher Sexualität zu negieren, bei gleichzeitiger, durch die beschriebene psychosexuelle Unterfütterung mit latenter Sexualität bedingten Beschaffenheit des Gothic-Kindes, verfällt der Rezipient einer durch die scheinbare Gefährdung eben dieser Unschuld evozierten soziokulturellen Haltung, welche von Kincaid treffend als „a ritual that seems to be directed by and enacted through panic“ [39] bezeichnet wird. Demzufolge wird der Rezipient durch das Gothic unweigerlich dazu verführt - bezeichnenderweise spricht Hanson diesbezüglich selbst von einem Rezipienten „colluded in a seduction“ [40] - sich mit der ontologischen Beschaffenheit des Kindes auseinanderzusetzen, mit der steten „highly dubious, albeit ubiquitous presumption that there could not possibly be anything to find out, either in the kid or in our own insistent curiosity.“ [41] Das Gothic bildet dabei gerade den Katalysator für dieses moralische Dilemma des Zuschauers, die Verführung geht vom Kunstmedium, auch dem Film selbst aus. Als seduktive Strategien können dabei verschiedene inszenatorische Faktoren fungieren: Etwa die Tatsache, dass die Ambivalenz des Kindes im Gothic generell auch inszenatorisch „an excelllent means of creating suspense“ [42] darstellt und deren durch die latente Sexualität bedingte Artikulation durch wie erwähnt sämtliche körperliche Betätigungen des Kindes hervorgehoben werden kann. Für Lury kann dieser Sachverhalt etwa durch „touch and encountered in the smallest, most innocent of gestures, such als holding hands“ [43] filmisch veranschaulicht werden. Dazu könnte auch eine visuell inszenierte „tendency towards projection [as] one of the genre’s defining characteristics: the floorplan of a dark and creaky house is mysterious of the gothic hero[ ] lagerly because it maps [its] own psyche“ [44] gezählt werden. Denn gerade inszenierte Räume könnten auch als Projektionsfläche für die Ambivalenz kindlicher Wahrnehmung dienen: „The combination of ambivalence of gothic living spaces (welcoming and threatening) also proceeds from the child’s perception of them. They are vast and extensible when viewed by the child from inside but seem confined and austere when seen from afar.“ [45] Wegen ihres Offensichtlichkeitsgrades, den Zuschauer ob des mehrdeutigen Gehaltes zu den genannten „panischen“ Fragestellungen zu verführen, können die geschilderten Strategien als unverdeckte „seductive signs“ [46], einer auch ob der langen Tradtion des Gothic auf „well established paradigms, drawn from cultural sensibilities“ [47] aufbauenden, ausschließlich auf inszenatorischer Ebene dargebrachten oberflächlichen Verführung angesehen werden, zumal da sie sich auf die Visualisierung von psychoanalytisch codierten und in dieser Hinsicht ikonischen [48] Symbolen und Verweisen beschränken. Darüber hinaus verfolgt der generische Gothic-Film im Kontext dieser Fragestellungen des Zuschauers nur bis zu einem bestimmten Punkt eine seduktive Tendenz, da am Ende das die Verführung bedingende Geheimnis aufgedeckt wird: Denn als Prämisse eines erfolgreichen seduktiven Aktes „muss ein letzter verschlossener Moment verbleiben und sich endgültig entziehen.“ [49] Die hier vorgestellte Gothic-Konstruktion folgt hingegen einer strikten Auflösung des „Problems“ des sexuell ambivalenten Kindes, welches dadurch nur partiell zum die Verführung bedingenden Katalysator avanciert und infolgedessen „weniger auf die Effektivität der Seduktion […] als auf eine Wirksamkeit der Wunsch- und Begehrensstruktur“ [50] zurückzuführen ist: Denn schon in seinen frühen literarischen Ausformungen propagierte das Gothic eine mit der Auflösung des narrativen Konfliktes verknüpfte tendenziell manichäistische Positionierung des Kindes, wie auch Georgieva hinsichtlich seiner Plotstruktur hervorhebt: „The struggle between good and evil in a child’s soul is among the recurrent preoccupations of the genre. The importance of the outcome is […] on a purely structural level, for the developement of the plot. An evil child is thus either destined to die or to grow into a gothic villain. A good child is destined to die or to suffer, fight and grow into a gothic hero or heroine.“ [51] Auch in neueren filmischen Repräsentationen streben Gothic-Erzählungen stets zu einer Demontage der Ambivalenz und damit auf Figurenebene zu einer Wiederherstellung der zuvor beschriebenen radikalen Kontraste [52], indem etwa beispielsweise in Filmen wie THE VILLAGE OF THE DAMNED (DAS DORF DER VERDAMMTEN, R: Wolf Rilla, USA 1960), THE EXORCIST (DER EXORZIST, R: William Friedkin, USA 1973) oder SHOCK (SCHOCK, R: Mario Bava, I 1977) die Schwierigkeit „of accounting for a child […] at once innocent and licentious“ [53] durch eine pädophil konnotierte Zweiteilung gelöst wird: Ist der narrative Konflikt erst einmal aufgelöst, „an absolutely innocent child entices an absolutely depraved adult“ [54], wobei in genannten Werken eine sich den kindlichen Körper zu eigen machende phantastische Macht die Rolle des „Erwachsenen“ repräsentiert. Eine alternative Möglichkeit bestünde darin, dass das Kind wie etwa in THE BAD SEED, THE OMEN (DAS OMEN, R: Richard Donner, USA 1976) oder BEWARE: CHILDREN AT PLAY (R: Mik Cribben, USA 1989) als unabwendbar böse und depraviert identifiziert wird und somit nicht mehr gerettet werden kann. In beiden Fällen wird somit das Monsters and Innocents-Binärmodell wiederhergestellt, sodass das Gothic eine melodramatische Funktion einer Erzählung „of redemption and protection“ [55] erfüllt. Dabei wird die Innenwelt des Kindes vor dem Rezipienten vollständig entblößt, dieses hat keine „reservations, no withholding some [sexual] secret part of itself“ [56]. Das sexuell konnotierte Kind kann demnach nur innerhalb der kontrastreichen Gegenpole von „absolutely pure or absolutely depraved“ [57] angesiedelt werden. Sind dadurch erst einmal wieder die Gegenpole von Opfer und Täter, Gut und Böse wiederhergestellt, hat das die zwangsläufige Legitimation von Mord und Gewalt zur Folge: „The Gothic assumes and creates a terror so urgent it excuses the most brutal appeals. In Dracula, the champions of virtue pound a stake slowly through the heart of a beautiful, writhing woman (albeit a vampire), then decapitate her – and we cheer“ [58] artikuliert Kincaid jene im Gothic grundsätzlich vorhandene Tendenz, welche im konkreten Kontext den die Unschuld des Kindes bedrohenden Erwachsenen oder gar das Kind selbst betreffen würde. Georgieva verweist hinsichtlich dem zweiten Aspekt des bösen Kindes im psychoanalytischen Kontext darauf, dass „[m]irroring the child’s Oedipal complex, such scenarios involve adult perceptions of wicked, sinful and vicious children whose behaviour seems to legitimise infanticide.“ [59] Die Wiederherstellung von Kontrasten und die sich daraus als notwendig herausstellende Gewalt werden vom Gothic somit als Fluchtpunkte für den zum moralischen Dilemma verführten Rezipienten präsentiert: Durch die am Ende erfolgende Aufhebung der auch sexuellen Ambivalenz des Kindes wird dieses als per se für unschuldig erklärt (oder - falls heillos depraviert - vernichtet), seine sexuelle Unschuld zementiert, respektive alles Gegensätzliche oder diese Bedrohende als antagonistische Elemente determiniert. Diese Erkenntnis konterkariert gleichzeitig ein endgültiges seduktives Gelingen, weil es der pragmatisch fassbaren Struktur eines lösbaren „Rätsels“ folgt [60]. Ergo lässt sie kein Geheimnis mehr übrig, das „das dringende Bedürfnis des zu verführenden Rezipienten, im Aufdecken dieses Geheimnisses eine Begegnung mit dem Wahren, dem Wahrhaftigen“ [61] konstituieren würde.
Man könnte somit argumentieren, dass gerade eine solche Inszenierung den Zuschauer dazu verführt, die Sexualität des Kindes „within a language of trauma“ [62] zu platzieren. Damit würde das Kind, wie beschrieben, zum Objekt seines (auf eine manichäistische Auflösung sinnenden) Verdachtes werden, welcher von der Ablehnung einer von kindlicher Unschuld und Reinheit abweichenden queeren Sexualität in jeglicher Form ausgehe. [63] Kevin Ohi bringt diese Rezeptionshaltung im Kontext des Gothic noch einmal treffend auf den Punkt:
The sudden eruptions of desire and violence in both Gothic tales and modern narratives about children stem less from the particular content than from the externalization itself; the context of the Gothic makes visible the violence of the attribution of innocence, and its mechanism of projection and disavowal. [64]

2.3 Gothic-Ambivalenz und seduktiver Verdacht in INNOCENCE

Wie schon in Bezug auf die Kontraste, verleibt Hadzihalilovic in INNOCENCE Wedekinds Vorlage einen „addtional effect of introducing Gothicizing elements“ [65] auch durch psychologisch ambivalente Figuren in Gestalt von sexuell mehrdeutig konnotierten Kindern ein. Denn wo Wedekind noch aus einer naiven Ich-Perspektive „ein kulturelles System [einführt], das nicht selbstreflexiv ist und deshalb auch das symbolische Handeln nicht deutet“ [66], artikuliert der Film diese Ambivalenz insbesondere mittels einer stark symbolischen Bildsprache. Darüber hinaus wird durch eine im Folgenden veranschaulichte Inszenierung des für die Mädchen heimischen Raums als „in Freud’s terms, the site of troubled sexual secrets, so that far from guaranteeing safety, the domestic becomes the space through which trauma is generated.“ [67] Bereits in der Eröffnungssequenz des Films wird ein Sarg geöffnet, in welchem ein junges, asiatisch anmutendes Mädchen, die kleine Iris (Zoé Auclair), zunächst mit geschlossenen Augen zu sehen ist, bis sie diese urplötzlich aufschlägt und ihrem unnatürlichen Ruheort entsteigt. Allein diese Begebenheit kann schon als Katalysator der anstehenden Verdachts-Verführung angesehen werden: Denn zunächst wird durch die kulturelle Funktion des Sarges [68] wie durch den anfänglichen status quo des Mädchens die Illusion suggeriert, dass Iris bereits verstorben sei. „Manche Menschen würden die Krone der Unheimlichkeit der Vorstellung zuweisen, scheintot begraben zu werden“ [69], formuliert Freud in seinem Essay Das Unheimliche (1919) eine mögliche Ursache dafür, warum die unerwartete Auferstehung des somit lebendig in einen Sarg gelegten Mädchens in der Tat etwas Abschreckendes an sich haben könnte. Dieses Unheimliche im Kontext mit dem zunächst scheinbar unnatürlich, wie von fremden Mächten in Bewegung versetzten kindlichen Körper evoziert unterschwellig die Frage nach Grund und Motivation für dieses Phänomen. Karen Lury identifiziert am Beispiel der Baby-Burleske [70] WAR BABIES (R: Charles Lamont, USA 1932) eine ähnliche Form des unnatürlichen und deshalb unheimlich wirkenden In-Bewegung-Setzens von Kinderkörpern: Von der Verknüpfung des inszenierten Striptease eines kleinen afroamerikanischen Jungen sowie der die Bartänzerin gebenden Shirley Temple evoziert sich für sie durchaus gerade eine eben auch sexuell konnotierte Anziehungskraft auf den Zuschauer. Jene findet indes ihren Ursprung in der „uncanny manipulation and fascination with other bodies; that is little bodies, raced bodies and animals.“ [71] Im Hinblick auf das Gothic kann Lurys eigentlich unter einer allgemeinen ideologischen Prämisse formulierte These insbesondere im Kontext der Evokation des sexuellen Verdachtes gesehen werden, angelehnt an die in Gothic-Erzählungen häufig generierte „idea that young people are not only vessels for adult projections, hopes and fears but are also extremely receptive to the influence of evil“ [72]. Anhand von Iris‘ Körper, welcher, von Lurys These ausgehend, eine Synthese eines kleinen sowie eines raced bodies darstellt, manifestiert sich somit auch für den Zuschauer der Verdacht der gleichfalls sexuell codierten Manipulation, gemäß welcher der Körper des Mädchens zum Leben erweckt wurde. Für einen solchen Verdacht auf eine derartige Form von Kontrolle liefert der Film auch Symbole mit den von Lury auch angesprochenen Tieren: in einer Szene handelt es sich dabei um zwei in einem Käfig gefangene und dadurch in ihrer Bewegungsfreiheit determinierte Tauben, in einer anderen um einen Spatz sowie in einer dritten um ein gleichfalls eingesperrtes Wiesel, welche demzufolge als Doppelungen der Mädchen und ihrer scheinbaren Lage gewertet werden könnten. Der sich konstituierende sexuelle Verdacht ob der Fetischisierung der Mädchen und somit der auch mit Pädophilie korrespondierenden Exponierung ihrer sexuellen Ambivalenz wird auch durch einige betont phallisch inszenierte Symbole hervorgehoben. Eine diesbezügliche Schlüsselszene zeigt dabei Mademoiselle Edith, wie sie mit mimisch sichtbar artikuliertem Genuss Schmetterlinge als Ausstellungsobjekte perforiert und eines davon mit einer zur Fixierung gedachten Stecknadel durchbohrt. Schon die Stecknadel alleine kann aufgrund ihrer spitz zulaufenden Form als deutliches Phallussymbol und somit als artikulierte sexuelle Machtausübung gedeutet werden. Der mögliche Projektionspunkt eben dieser Machtausübung kann aufgrund einer bemerkenswerten bildlichen Parallelisierung erahnt werden, wenn in dem gegen Ende gezeigten Ballettauftritt der als Schmetterlinge verkleideten Mädchen eine choreographierte Tanznummer aufführen, eines der älteren Mädchen schwarz gekleidet dabei die Erstechung der Schmetterlinge performt, während Edith hierbei in diversen Einstellungen im Hintergrund zu sehen ist. Auch das Begehren der anderen Lehrerin, Mademoiselle Eva (Marion Cotillard), den Mädchen gegenüber wird in einer Szene montagetechnisch implizit angedeutet, wenn man zunächst eine sehr sinnliche Detailaufnahme von den Gesichtspartien von einem der Mädchen, Alice (Lea Bridarolli), präsentiert bekommt, nur um in einem anschließenden Gegenschuss in Eva die Trägerin dieses invertierten Male Gaze [73] zu erkennen. Darüber hinaus wäre auch die Szene hervorzuheben, in welcher sich ein anderes Mädchen, Bianca (Bérangère Haubruge) mit einem fremden, von einem Mann entwendeten und deshalb auch als angeeignetes phallisches Symbol dienenden Handschuh über das Knie fährt.
Zum weiteren Verdacht über die sexuellen Geheimnisse der Mädchen verführen auch zahlreiche, sich zwischen diesen abspielende Szenen, in welchen es zu gegenseitigen Berührungen kommt, welche inszenatorisch gelegentlich durch Nahaufnahmen von Gesichtspartien oder andere Körperteile anfassenden Händen, herausgestrichen werden. Einen Kulminationspunkt dieser Inszenierungsstrategie bildet die Szene, in welcher die in Zentralperspektive positionierte Iris von den Mädchen ringsherum erotisierend berührt wird. Signifikant erscheint dabei insbesondere, dass INNOCENCE diese Form der gegenseitigen Anziehung nicht wie in Wedekinds Vorlage als zwangsläufige habitualisierte psychologische Folge einer ausschließlich auf die Ästhetik des weiblichen Körpers fixierten pädagogischen Konditionierung [74] begreift, sondern die noch nicht in die Erziehungsmethoden des Internats eingewiesene Iris gleich zu Beginn des Films zur ersten Trägerin dieses scheinbaren Begehrens ernennt: So will sie sich des Nachts zu Bianca ins Bett legen und streicht an anderer Stelle dem Mädchen Laura (Olga Peytavi-Müller) sanft übers Ohr. Dadurch verweist INNOCENCE indirekt auf den latenten Ursprung dieser Handlung und initiiert damit -wie bereits beschrieben [75] - gerade durch diesen Verweis auf die freudianisch implizite Sexualität den Verdacht des Rezipienten. Dieses latente Begehren artikuliert sich aber auch in anderen Formen der Projektion, etwa wenn das Mädchen Selma (Alisson Lalieux) die offenen Wunden der am Boden liegenden und blutenden Iris mit dem Finger berührt und daraufhin das Blut interessiert ableckt. Grundsätzlich wird gerade an der Figur der besagten Selma Begehren in Form von sich artikulierender Gewalt dargestellt, etwa wenn sie in der gerade geschilderten Szene Iris mit einem Grashalm auszupeitschen versucht oder wenn sie schon zu Beginn des Films aus Frustration über ein Mädchen, das unmittelbar zuvor das Internat verlassen hat, eine Haarbürste vehement gegen einen Spiegel schleudert. Auch die von den Mädchen beheimateten Räume selbst bilden, wie angedeutet, psychoanalytisch betrachtet eine ambivalente Projektionsfläche: Wo in der Vorlage die doppelte Beschaffenheit des Parks laut Ertrud Gutjahr als „übereinander gelagerte Vorstellung von Paradies und Gefängnis [durch] […] die unterschiedlichen Perspektiven von erzähltem Ich (Hidalla, personales Erzählverhalten), das sich fraglos in die Ordnung des Parks einfügte und erzählendem Ich (Helene Engel, auktoriales Erzählverhalten), das die Ordnung als Zwangssystem kommentiert“ [76] markiert wird, fallen im Film ob des Fehlens dieser narrativen Teilung beide Deutungen ineinander: Wie allen hermetischen Gothic-Orten gemein bildet sich daraus die duale Form von „protected, welcoming homes and frightening, haunted prisons for the gothic child. [77] Während bei Wedekind die Landschaft noch in dem warmen Vokabular des hedonistisch konnotierten Sonnenkultes [78] größtenteils von stilistischen Ausprägungen wie „[…] glänzte der Himmel rings um uns her in den zartesten Farben“ [79] oder "[…] schönsten Harmonien von Grün, Rosa und Blauschwarz“ [80] dominiert wird, bedient sich INNOCENCE der „duality of the gothic child’s home“ [81], um dadurch „the message that fear resides within the boudaries of the developing mind“ [82] und damit auch die darin enthaltenen, sexuell konnotierte Ambivalenzen widerzuspiegeln. So wird die Natur sowohl als friedlicher, jedoch gleichzeitig auch bedrohlicher Ort inszeniert, wenn Iris einmal von einer großen Spinne an der Wand und einmal von einer Schlange im Gras konfrontiert wird. Die Ambivalenz der Natur wird an einer Stelle auch durch die mithilfe von elliptischem Erzählen erreichte Kontrastierung einer verschneiten, kahlen Schneelandschaft sowie sprießenden Blumen und Sonnenschein des erst später eintretenden Frühlings veranschaulicht. Tagsüber sowie im abendlichen Zwielicht oder auch des Nachts spielende Szenen wechseln sich zudem in konstanter Abfolge ständig ab, ohne das eine Seite ein Übergewicht erringen könnte. Auch in Gebäudeinneren wird auf der einen Seite durch ihre Bereiche weitläufig absteckenden Kamerabewegung und Montage Geräumigkeit und Sicherheit evoziert. Konträr dazu trägt ihre häufig dunkle Ausleuchtung zu einer bedrohlichen Komponente bei.

3 Das seduktive Potenzial der kindlichen Unschuld in INNOCENCE

3.1 Der Bruch mit der Gothic-Erzählung in INNOCENCE

Wie bereits angedeutet, führt die Verführung des Rezipienten zum verdachtbehafteten Reflektieren über die sexuelle Beschaffenheit des Kindes im Gothic stets zu sich selbst, zu einer Auflösung des gestellten Rätsels. [83] Die dem Verführten folglich gebotene, eindeutige Gewissheit hinsichtlich der kindlichen, sexuellen Beschaffenheit korreliert demensprechend mit einem Ende der wie gezeigt, durch psychoanalytisch codierten Szenen und Symbole auf inszenatorischer Ebene bedingten und somit auf der zweiten Seduktionsebene [84] stattfindenden Verführung, welche den Zuschauer gleich eines Propagandafilms explizit „zu einer speziellen Aussage“ [85], bedingt durch die Auflösung des Verdachtes in ein Monsters and Innocents-Binärmodell, verführen will. Und genau mit besagten, durch das Gothic bedingten Konventionen bricht INNOCENCE, weil der Film im Hinblick auf seine Plotstruktur zu keiner Zeit zu der dargestellten Auflösung findet [86] und stattdessen letztlich gar eine Kreisbewegung vollzieht: Die Mädchen werden ähnlich wie in der Vorlage nach ihrer ersten Periode durch einen als Fahrt mit einer unterirdischen Bahn dargestellten Initiationsritus an einen anderen Ort gebracht, nämlich eine technisierter wirkende Wohnanlage, wo beide Geschlechter ein gemeinsames Leben zu führen scheinen. Der Film endet dabei mit der Voraussicht auf eine erste Annäherung zwischen jenen. Die beiden Lehrerinnen bleiben hingegen schlichtweg zurück, werden am Ende aus der Narration entfernt und somit ausschließlich an ihre determinierte Rolle im Internat geknüpft. Darüber hinaus wird dem Zuschauer durch Zwischenschnitte erkenntlich gemacht, dass ein neues Mädchen in einem Sarg im Internat ankommt, wodurch der Film nur umso deutlicher auf eine zirkuläre Struktur insistiert. Interessanterweise scheint sich Hadzihalilovic durch diesen Bruch mit der beschriebenen Gothic-konnotierten Konstruktion auf indirekte Art der narrativen Struktur von Wedekinds Vorlage anzunähern: Laut Ertrud Gutjahr weist Mine-Haha Oder über die körperliche Erziehung junger Mädchen einen ähnlichen dekonstruktivistischen Ansatz auf, indem einerseits Versatzstücke verschiedener literarischer Genres wie des Erziehungs-, des Schelmen- oder auch des utopischen Romans ansatzweise implementiert [87] und überdies auch „alle körperbezogenen Epochendiskurse deutlich auf[ge]führt“ [88] werden. Gleichzeitig demontiert der Text allerdings all diese generischen Ansätze und diskursiven Strömungen und lässt diese somit lediglich im Ansatz anklingen. [89] Hadzihalilovic wählt dabei einen ähnlichen dekonstruktivistischen Weg wie Wedekind: Genau wie sein Text scheint ihr Film einem Verfahren bestimmter zunächst angeschlagener narrativer Ansätze nur bis zu einem bestimmten Punkt zu folgen, sodass diese zuletzt jedoch „ihrem angestammten Verweisgefüge entrissen und neu kontextualisiert werden“ [90]. Ist dies bei Wedekind in Form der „Elemente der Tradition und der zeitgenössischen Diskurse“ [91] der Fall, verhält es sich indes im Film stattdessen mit der vollzogenen, Gothic-konnotierten Verführung, wenn diese – und mit ihr der Verdacht des Rezipienten – nicht befriedigt wird, sondern praktisch in der Luft hängen bleibt. Diesbezüglich scheint INNOCENCE geradezu eine seduktive Doppelbödigkeit zu offenbaren: Denn durch das ungelöste Rätsel wird ob des davor zweifellos beim Rezipienten ausgelösten Verführung zwangsläufig die Aussicht auf die Existenz eines Geheimnisses artikuliert, die seduktiv erzeugte Involvierung dadurch „zu etwas anderem, auf einer Metaebene Verortetem“ [92], einer dritten Seduktionsebene, umgeleitet. Im Umkehrschluss könnte dadurch konstatiert werden, dass diese des Weiteren genauer zu charakterisierende Seduktion sich „zunächst als etwas Anderes“ [93] in Gestalt der schwächeren und eindeutigeren Gothic-Seduktion ausgegeben hatte, der Rezipient jedoch mit den Worten Patrick Fuerys „towards a sense of meaning, only to be drawn elsewere“ [94] verführt werden soll. Gerade weil häufig die der Verführung dienenden „Strategien überhaupt erst im Nachhinein als seduktiv erkennbar“ [95] angesehen werden können, könnte argumentiert werden, dass somit erst am Ende des Films - auch in der noch eingehender zu klärenden Gegenüberstellung von somit zwei existierenden seduktiven Tendenzen – das vollständige Seduktionspotenzial von INNOCENCE verdeutlicht wird.


3.2 Die Differenzierung von Sexualität und nichtsexueller Unschuld im Kontext des Vergleiches zwischen Frank Wedekinds Vorlage und INNOCENCE

Im Folgenden gilt es nun die besondere, auf der Metaebene zu suchende Beschaffenheit der dritten Seduktionsebene von INNOCENCE, welcher – wie im vorigen Kapitel angedeutet worden ist - der von Hadzihalilovic der Vorlage hinzugefügte Gothic-Impetus somit auch als temporärer Deckmantel diente, herauszuarbeiten. Eine erste Annäherung würde in diesem Unterkapitel darin bestehen, die unterschiedlichen Formen der präsentierten Erotisierung des Kindes in Vorlage und Film zu analysieren.
So kann das Internat in Mine-Haha als Disziplinarraum im Sinne Michel Foucaults angesehen werden: Die Mädchen werden praktisch von Kindesbeinen an zur absoluten Körperbeherrschung erzogen; diese wird etwa im die foucaultsche Disziplinierung auf die Feminisierung von Frauenkörpern erweiternden Ansatz der feministischen Theoretikerin Sandra Lee Bartky unter anderem als von Kindern mühsam zu erlernende, normiert weibliche Art sich zu bewegen [96], beschrieben: „Tat man nur einen kleinen Schritt, so gab es eins an die Beine, daß es einem zum Nacken hinaufrieselte“ [97], erläutert die Ich-Erzählerin dieses Verfahren bereits an einer frühen Stelle des Textes. Die Mädchen werden dabei ausschließlich für den Auftritt in einem unterirdisch gelegenen Theater zum Tanzen erzogen, was zugleich laut Gutjahr „den latenten Code der Erziehung in patriarchal organisierten Gesellschaften auszeichnet: Die Bildung des Körpers zur Erweckung der Lust.“ [98] Die „Vorbedingung für den theatralisch erwünschten Effekt der Aufführung ist die Körperdressur.“ [99] Gleichzeitig werden die Mädchen dazu diszipliniert ihre sexuellen Triebe zu unterdrücken, was gleichfalls an die von Foucault in Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit I (1976) beschriebene sexuelle Disziplinierung von Kindern angelehnt zu sein scheint. [100] Doch auch diese Disziplinierungsmethode dient nur dem Auftritt im Theater, weil das dadurch generierte Tabu aufrechterhalten werden muss, „damit der Tabubruch als sinnliches Ereignis für das männliche Publikum inszeniert werden kann.“ [101] Die sexuell in Unkenntnis gehaltenen Mädchen performen dabei verschiedene von Vergewaltigung, über Schwangerschaft bis zur Hochzeitsnacht reichende sexuell konnotierte Akte. [102] Doch gerade die Tabuisierung der Sexualität generiert laut der sich auf Foucault berufenden Gutjahr „nicht nur Diskurse, sondern die Formen der Sexualität selbst. Der Leib wird Quelle von Lustmöglichkeiten und zum Ausgangspunkt von Selbstthematisierung“. [103] Dieser Sachverhalt kann überdies auf das im Text beschriebene Begehren der Ich-Erzählerin zurückgeführt werden. [104] In Wedekinds Text ist die eindeutige sexuelle Konnotation somit stets allgegenwärtig und konstituiert sich als Kausaleffekt der Disziplin sowie der Notwendigkeit für die theatrale Aufführung.
Gerade diese Kausalität scheint wiederum in INNOCENCE fast vollständig aufgelöst zu sein: Die Disziplinierung des sexuellen Verlangens wird zwar an mehreren Stellen angedeutet, jedoch von den Mädchen ob der beschriebenen gegenseitigen inflationären Berührungen [105] nie konsequent eingehalten. Interessanterweise werden die Ballettstunden zwar auch eingeführt, jedoch entbehren diese völlig jeglichen im Text konstituierten disziplinarischen, wie auch mit körperlicher Gewalt konnotierten Zwang. Auch das gegenseitige Begehren der Mädchen wird nicht als Konklusion des evozierten Tabus, sondern als natürlich dargestellt. [106] Bezeichnenderweise ist auch das im Film dargestellte Theaterspiel frei von expliziter sexueller Konnotation, weil die Mädchen anstatt der im Text als „erotische Draperie beschrieben[en]“ [107] Kostüme schlichte Ballettkleider mit angehefteten Schmetterlingsflügeln tragen und auch auf der Bühne nur ballettartige Tänze jenseits von klar sexuell konnotierten Akten vollführen. Die bereits angeführten Erkenntnisse mitberücksichtigend, wird der Zuschauer in INNOCENCE dementsprechend durch inszenatorisch evozierte, an das Gothic angelehnte implizite Verweise zu einer mit entsprechendem Verdacht behafteten Suche nach sexuellen Inhalten verführt, ohne dabei auf die in Wedekinds Vorlage enthaltenen expliziten sexuellen Verweise zu stoßen, von welchen der filmische Text fast vollständig befreit worden zu sein scheint. Wo der Leser hinsichtlich des sexuellen Gehalts von Wedekinds Erzählung praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ihm auf direktem Wege „die Reflexion über eine als unreflektiert vorgestellte Welt überantwortet […] als die sexuelle Codierung auch über [ihn] vollzogen wird“ [108], wird der Zuschauer in INNOCENCE nur zum möglichen Verdacht über deren Existenz verführt, nicht jedoch mit konkreten Beweisen konfrontiert. Im Grunde genommen vollzieht Hadzihalilovic in ihrer Inszenierung somit einen der Vorlage gegenüber zentralen Paradigmenwechsel, indem sie auf vordergründiger Ebene ausschließlich die Unschuld der Mädchen ausstellt. Im Folgenden soll herausgearbeitet werden, inwieweit diese Unschuld dann doch mit einer Sexualisierung der Mädchen verbunden ist. Ebenso wird ihr spezifisches Ausmaß im Kontext des in 2.1 aufgezeigten Scheiterns der Gothic-Erzählung im Hinblick auf eine bereits angedeutete neue seduktive Strategie, welche nun jedoch der sich auf der Metaebene des Films artikulierenden dritten Seduktionsebene [109] zugeordnet werden kann.

3.3 Die Darstellung kindlicher Unschuld auf der dritten Seduktionsebene in INNOCENCE

Falls der Gothic-Plot mit der generischen Auflösung geendet hätte oder gar durch explizit sexuelle Impeti angereichert worden wäre, hätte das gleichzeitig auch - wie angesprochen – zu einem mit vollständiger Befriedigung des Verdachtes korrelierendem Ende der Verführung im Film geführt. Und gerade in diesem Scheitern des Gothic offenbart sich in INNOCENCE die inszenatorisch konstituierte „Wechselbeziehung zwischen dem Offensichtlichen, der psychologischen Manipulation und der Herausforderung, sich dem Anderen auszuliefern“ [110]: Dem von der offensichtlichen Verführung folglich unbefriedigt zurückgelassenen Rezipienten bleibt immer noch die Möglichkeit der Herausforderung, „das Geheimnis, das Andere, ergründen zu wollen“. [111] Dennoch könnte argumentiert werden, dass er sich bereits durch diese seduktive Offensichtlichkeit und vor allem ihr uneingelöstes Ende nun bereits selbst als Verführter, dementsprechend als partizipierendes Subjekt erkannt hat. Denn durch das etwaige Misslingen des Gothic-Diskurses wird dem Rezipienten gewissermaßen durch seine somit exponierte Unvollständigkeit im Sinne einer Demontage der ontologischen Beschaffenheit des Films als Apparatus-Illusionsmaschinerie „das Wissen um die Künstlichkeit und Konstruiertheit des kinematografischen Produktes“ [112] zurückgegeben. Wie aufgezeigt wurde, bestehen die diesem Verdacht einverleibte Bestrebung, das Kind am Ende zu jedem Preis als unschuldig wahrnehmen zu können, in einer zwangsläufigen Verneinung seiner sexuellen Beschaffenheit. [113] Dem Rezipienten würde jedoch nun – so soll argumentiert werden – vor Augen geführt werden, dass das Verlangen nach der Unschuld des Kindes dieses zugleich zwangsläufig selbst sexuell codieren und die Rezeption dieser Unschuld zu einer „erotic pleasure that can deny itself as such“ [114] gerinnen lassen würde, wodurch folglich dem Rezipienten erlaubt sei „to construct, watch, enjoy the erotic child without taking any responsibility for our actions“. [115] Was hat es nun mit dieser sexuellen Codierung der Unschuld des Kindes im Film, zumal diese ja – wie in 2.2 elaboriert – sich auf keinen Fall im filmischen Text als explizit sexuell offenbare, auf sich? In seinem Werk Erotic Innocence : The Culture of Child Molesting geht Kincaid dabei von einem reziproken Mechanismus aus: Dadurch, das man das Kind per se für unschuldig, ergo keiner sexuellen Lust fähig erklärt, es auf dieses Nicht-Haben reduziert und als anders definiert, ladet man es postwendend mit sexuellem Verlangen auf [116]:

It’s no wonder that innocence iself pulse[s] with sexual attraction […] we have aggravated a problem that was there from the beginning: eroticizing a product that was marked as eros-free […] as the time went on the idea of innocence and the idea oft he child became dominated by sexuality – negative sexuality of corse but sexuality all thesame […] defining something entirely as a negation brings irresistably before us what we try to banish. [117]

Vicky Lebeau hebt diesbezüglich insbesondere die Rolle des Zuschauers durch seine Involvierung als Schauender, als in einem Film durch das Sehen partizipierender Voyeur und die allein schon durch seinen Blick unabwendbare Sexualisierung des Kindes treffend hervor:

In particular, the compulsion to render the child sexless, to present her nudity as symbol of her primordial innocence – the Edenic ignorance of procreation, of sexual desire –tends to have the effect of sexualizing the child through the look that comes at her or him. Repudiated in the object of vision, sexuality, that constant reference in notions of childhood innocence, can only rebound on the one who wants to look. [118]

Sowohl Kincaid [119] als auch Lebeau berufen sich auf den „Victorian Cult of the Child“ [120], den sich vor allem in der viktorianischen Zeit konstituierenden Ursprung des Interesses an der visuellen Exploitation des Kindes, deren bildliche Darstellungen von Kindern – wie etwa die Werke der britischen Künstlerin Kate Greenaway [121] - von Bram Diksta nicht ganz zu Unrecht als „crass child pornography disguised itself als a tribute to the ideal of innocence“ [122] bezeichnet wird. Von dieser Tendenz wurde auch das Kino praktisch schon unmittelbar nach seiner Enstehung beeinflusst: „Holding out the pleasures and possibilities of a body without sex, of sex that does not know itself as such, cinema has a long history of investing the child - as image, as idea – as a figure for instability, and indeterminacy, of sexuality and sexual identity.“ [123] Gerade besagte Instabilität des Kindes will der Gothic-Plot zum Erliegen bringen, die Unschuld wiederherstellen, was in INNOCENCE jedoch nicht gelingt; stattdessen wird die sexuelle (und sexualisierte) Unschuld des Kindes auf der Metaebene und damit der dritten Seduktionsebene präsentiert. Die zumindest latent vorhandene Erkenntnis über das Scheitern des Gothic bei gleichzeitiger Selbsterkenntnis als Verführter könnte dabei als eine kognitive Prämisse hinsichtlich der Ergründung dieser Metaebene und neuerlichen Verführung des Zuschauers in INNOCENCE bilden.
Wo jedoch zahlreiche Filme [124] „have been content to stand in wonder before this adorable child, offering one enticing scene after another“ [125] und dem Zuschauer dieses erotisierte unschuldige Kind als Kernintention präsentieren, ist INNOCENCE hier durch den Gothic-Diskurs prädeterminert und macht dem Zuschauer – wiederum auf seduktiver Ebene - somit klar, dass er die ganze Zeit schon nach eben dieser Unschuld gesucht hat. Eine der signifkantesten Szenen stellt dabei der Tanz der Mädchen im Theater dar. Wie in 2.2 dargelegt, unterscheidet sich der Tanz von Wedekinds Vorlage gerade in seiner vordergründig nicht-sexuellen, unschuldigen Darbietung. Wo bei Wedekind noch die sexuellen Diskurse der damaligen Zeit im Vordergrund standen [126], steht bei Hadzihalilovic eher die mit kindlicher Unschuld konnotierte Niedlichkeit der jungen Mädchen im Zentrum. Diese inszenierte cuteness ist laut Lori Merish zugleich „the sign of a particular relation between adult and child, simultaneously establishing the ‚innocence‘ of child and the ‚civility‘ of the adult spectator“ [127] und – wie Lury treffend ergänzt – „ makes respectable the desire to own and control a little girl’s unruly behaviours and, implicitly, her sexuality“ [128]. Das niedliche, unschuldige Kind im Film nimmt somit ein binäre Rolle für den Zuschauer ein, weil es „both the center of and the best excuse for our wish-fulfillment fantasies about our own being, our memories, our longings, our losses, and our arousals“ [129] darstellt. Nun verhält es sich bei der Theaterszene in INNOCENCE jedoch so, dass diese in diversen Einstellungen praktisch aus der Sicht des betrachtenden Publikums gefilmt wird. Darüber hinaus kann man selbst in entsprechenden Gegenschnitten nicht die Gesichter der einzelnen Zuschauer erkennen, wodurch kein genau zu identifizierender Adressat der Aufführung auszumachen ist. Somit könnte konstatiert werden, dass durch eine solche inszenatorische Entscheidung der Filmrezipient selbst mit der Aufführung angesprochen wird. Die Niedlichkeit der Mädchen scheint praktisch an ihn selbst adressiert, das Theaterschauspiel für ihn inszeniert worden zu sein. Gerade im Nachhinein könnte aufgrund des gescheiterten Gothic-Verdachtes der Moment eintreten, wo der Zuschauer sich der „Brechung bewusst wird“ [130] und deshalb „das Bild selbst als ein solches Anderes beschrieben werden“ [131] kann. Frei nach Stigleggers Definition des Binärmodells von Vertrautheit und Abgrenzung eines solchen Bildes [132] könnte nun postuliert werden, dass diese beschriebene Darstellung gerade aufgrund des eigentlichen Sehnens nach eben dieser ihm präsentierten Unschuld des Kindes die Erwartung des Zuschauers bestätigt und gleichzeitig – aufgrund dem durch das Fehlschlagen des Gothic unbefriedigten Verdachtes – sich von ihm „ewig flüchtig und unfassbar“ [133] bleibend abgrenzt. Diese Diskrepanz könnte für einen neuen seduktiven nun auf der Metaebene suggerierten Verdacht entscheidend sein. Dank der beschriebenen, gewonnenen Distanz könnte selbiger Verdacht nun jedoch aufgrund einer möglichen Annäherung an eine etwaige „wahre“ Erkenntnis als selbstkritisch gewertet werden; nämlich eben diesem Verlangen die Unschuld des Kindes präsentiert bekommen zu wollen, bei sich ausmachen zu können. Die durch das Seduktionspotenzial des Films erreichte Annährung an diese Erkenntnis würde sich somit als Geheimnis, das der Rezipient zumindest ansatzweise erfassen kann, konstituieren. Denn was durch den Gothic-Diskurs noch legitimiert schien, weil es vordergründig nur dem Schutz des Kindes in der Ablehnung seiner Sexualität diente [134], wird auf der Metaebene schonungslos aufgedeckt, nämlich dass es nur der persönlichen Lust des Zuschauers an der kindlichen Unschuld dient, was Kincaid wiederum als kulturell zementierten, heuchlerischen „erotic doublespeak“ [135] bezeichnet. Solche Bilder, die einen derartigen selbstkritischen Verdacht auf der Metaebene in Gang setzen, zeichnen sich eben gerade durch eine körperliche Überbetonung der kindlichen Unschuld aus. Hiervon bietet INNOCENCE noch einige andere: So nimmt bereits zu Beginn des Films die Szene, in welcher die Mädchen halbnackt beim Schwimmen und Spielen im See gezeigt werden, die Kamera sie dabei voyeuristisch konnotiert von allen Seiten anblickt eine derartige Funktion ein. Eine ähnliche Rolle nehmen regelmäßig wiederkehrende Szenen ein, in welchen die Mädchen spielend im Park oder, wie mehrmals erwähnt, sich gegenseitig unschuldig berührend wie auch beim Umziehen und Schlafen in ärmel- und beinlosen Nachthemden gezeigt werden. All diesen Szenen haftet zugleich eine interessante Dualität an: Auf der einen Seite kann man ihnen im narratologischen Kontext betrachtet einen gewissen Metagehalt zuordnen, weil diese die Mädchen beim ihrem Zeitvertreib beobachtenden Einstellungen keine wirkliche Erzählfunktion haben, sondern stets über diese hinausreichen. Man könnte diese Szenen somit einem nach Kristin Thompson definierten „narrative excess“ [136] zuordnen, weil durch sie der Zuschauer keine die Erzählung vorantreibenden Informationen erhält. [137] Durch das Ausbleiben von narrativer Entwicklung wird beim Betrachten der Kinder auch der Verlauf der Zeit selbst in den Mittelpunkt gerückt, wodurch der Film durch die Thematisierung seines temporalen Verrinnens ein „Bewusstsein seiner eigenen Künstlichkeit und Medialität“ [138] entwickelt. Diese in den Szenen gezeigte Stagnation der Ereignisse ermöglicht aber auch eine Versenkung in das voyeuristische Betrachten der Mädchen, deren propagierte Unschuld ihre Körper dem Zuschauerblick nur umso deutlicher scheinbar legitimiert zugänglich macht, wie Kincaid es auch anhand zahlreicher Filme nachweist, die Kinder „obligingly strip to their underpants“ [139] lassen. Dies trägt wiederum im Sinne einer Benutzung der kindlichen Unschuld auch im Kontext ihrer körperlichen Unverbrauchtheit zur Evokation der Nostalgie des Zuschauers durch die Vermittlung, dass er nie wieder „to that golden boyhood, except maybe in movies“ [140] zurückkehren kann, bei. Diese aus der evozierten Dauer der Szenen und Einstellungen erwachsene Rezeptionsmöglichkeit bezeichnet Kincaid treffend als „a plunge into a psychic deep freeze, which is why kids are especially adorable when they are still“. [141] Dadurch kann auch die Rolle des Sarges in der Exposition des Films neu gedeutet werden; denn insbesondere sei dieser Stillstand des zur Betrachtung preisgegebenen Kindes auf „the sleeping child or, for the Victorians, the child in the coffin, stilled forever“ [142] anzuwenden. Somit wird der Zuschauer durch die Metaebene des Films dazu verführt, über die deutlich an ihn adressierte ausgestellte Unschuld der Kinder zu reflektieren. Und gerade durch den Kontrast zwischen der ersten, oberflächlichen Verführung, welche nicht das generische Ende des Gothic erlangt und beim Zuschauer allein deshalb schon ein bestimmtes Bewusstsein oder auch nur latentes Gefühl bezüglich seiner Rolle als den Film rezipierendes Individuums evoziert und der zweiten, komplexeren Verführung auf der Metaebene, welches in seiner Rolle als Geheimnis zwar nicht aufgelöst, dem Zuschauer dennoch ein gewisses Gespür für die Bedeutung und seine eigene Rolle hinsichtlich der sich ihm offenbarenden kindlichen Unschuld ermöglicht, wird er dazu verleitet „sein Verhältnis zur Realität zu überprüfen, seinen Begriff von Wahrheit zu relativieren und schließlich eine moralische Position angesichts der virtuellen Abwesenheit moralischer Instanzen zu entwickeln.“ [143] Der Film ermöglicht ihm dabei durch das Zusammenspiel der seduktiven Stränge und die daraus entstehende Doppelbödigkeit, bei der Elaborierung seiner moralischen Position gerade die heuchlerische Zweideutigkeit des auf der einen Seite durch das Gothic bedienten Verlangens, das sexuell konnotierte Kind als unschuldiges Opfer zu sehen und eigentlich aber besagte Wiederherstellung von Unschuld nur selbst, als Form einer nostalgischen, durchaus auch erotischen Anziehungskraft zum Kind, zu wollen. „Still, the image of the cute, huggable […] child is likely so powerful that we not only cannot do without it but cannot even recognize our own need“ [144], verweist Kincaid auf die scheinbare Unmöglichkeit, diesen Sachverhalt in unserer Kutlur zu erkennen. Der Film ermöglicht jedoch gerade dies durch das Zusammenspiel seiner seduktiven Stränge.

4 Fazit

Die Intention dieser Arbeit bestand darin, eine mögliche Zugangsform zur Ursache für die in der Einleitung verwiesene Unschlüssigkeit sowie Unbehaglichkeit hinsichtlich der Inszenierung des Kindes in INNOCENCE zu finden. Zu diesem Zweck wurde zunächst die Gothic-Tendenz des Films beleuchtet. Diese wurde wiederum hinsichtlich ihrer Hauptmerkmale speziell im Kontext unterschiedlicher ästhetischer und narrativer Polaritäten sowie auch psychoanalytisch konnotierter Ambivalenzen analysiert. Damit korrespondierend, wurde ein ideologischer Diskurs über die Unschuld des Kindes als dem Gothic inhärent herausgearbeitet; dieser wurde indes als an eine oberflächliche, weil etwa an die symbolischen Parameter der Inszenierung gebundene Seduktionsstrategie, die den Rezipienten zum Verdacht über die Sexualität des Kindes verführt, klassifiziert. Wo sämtliche der beschriebenen Gothic-Topoi einschließlich des geschilderten seduktiven Impetus in INNOCENCE nachgewiesen werden konnten, wurde hingegen anschließend konstatiert, dass gerade der besagte Diskurs nicht zu einer unumgänglichen Konstituierung der Validität von kindlicher Unschuld führt, sondern der Film stattdessen die in ihm enthaltenen Verdacht evozierenden Anspielungen, ins Leere verlaufen lässt. Dies würde zugleich mit einer Wechselwirkung mit dem Rezipienten korrespondieren, welcher sich durch den unvollendeten Gothic-Diskurs seiner Rolle als Verführter bewusst werden und im Rahmen dieser Prämisse einer neuen, diesmal auf der Metaebene situierten Seduktionsstrategie des Films erliegen könnte. Diese würde dementsprechend darin bestehen, dass sie den Zuschauer sich selbst als Adressaten und bereitwilligen Voyeur der unweigerlichen sexuellen Codierung der kleinen Mädchen im Film, welche, wie gezeigt wurde, im Gegensatz zur Vorlage nicht mit expliziten sexuellen Konnotationen, sondern als Exponate ihrer kindlichen Unschuld inszeniert werden, rezipieren ließe. Somit würde sich dieser in seiner heuchlerischen Rolle als sowohl Träger des durch das Gothic evozierten Verdachtes als auch gleichzeitiger Interessent an der sexuell codierten Unschuld der Mädchen erkennen können.

Damit wurde gezeigt, dass das anfangs herangezogene ratlose Unbehagen bei der Rezeption von INNOCENCE womöglich gerade durch diesen durch die seduktive Doppelstrategie des Films dem Rezipienten vorgehaltenen Spiegel liegen könnte, welcher ihm seine eigene kulturell determinierte und zweideutige Beziehung zur ausgestellten Unschuld des Kindes bewusst machen würde. Weil der Film das Binärmodell von auch im kulturellen Pädophilie-Diskurs laut Kincaid vorhandenen und durch den Gothic-Verdacht konstituierten „two main roles – monster and victim“ [145] auflöst, fällt der Verdacht des Zuschauers auf ihn selbst zurück und wird ihm durch die Metaebene des Films nur allzu schmerzlich vor Augen geführt. Wo viele andere Filme laut Kincaid eine sexuelle Konnotation des unschuldigen Kindes so verpacken, dass diese oftmals als „ stressed so as to disguise the appeal, allow[ing] the audience its safety screen“ [146] erscheint und dem Zuschauer dadurch die sexuell aufgeladene kindliche Unschuld konsumieren lässt, entblößt INNOCENCE gerade diese Mechanismen und verführt sein Publikum zu einem Überdenken seiner eigenen Rolle darin.

Anmerkungen

[1] Lebeau 2008, S.120.
[2] Ebd.
[3] Vgl. Kincaid 1998, S.52 ff.
[4] Ebd., S.53.
[5] Vgl. Gutjahr 2001, S.45.
[6] Hopkins 2005, S.xiii
[7] Vgl. Praz 2012, S.10 f.
[8] Ebd., S.1.
[9] Ebd., S.3.
[10] Kincaid 1998, S.10.
[11] Kincaid 1992, S.27.
[12] Hopkins 2005, S.xii.
[13] Georgieva 2013, S.21.
[14] Lury 2010, S.57.
[15] Ebd. S.61.
[16] Hopkins 2005, S.xii.
[17] Vgl. Hopkins, S.xii.
[18] Ebd.
[19] Ebd.
[20] Ebd.
[21] James 1984, S. 1188.
[22] Mayer-Berenbaum 1982 zit. nach Hopkins 2005, S.xii.
[23] Hopkins 2005, S.xii.
[24] Georgieva 2013 S.16.
[25] Ebd., S.16.
[26] Hanson 2004, S. 110.
[27] Vgl. Ebd.
[28] Ebd.
[29] Vgl. Kincaid 1992, S.127.
[30] Freud 1962 zit. n. Kincaid 1992, S.126.
[31] Vgl. Kincaid 1992, S.127 f.
[32] Ebd., S.126.
[33] Vgl. Hanson 2004, S.110 f.
[34] Ebd. S.111.
[35] Ebd. S.113.
[36] Vgl. Kapitel 2.1 dieser Arbeit.
[37] Hanson 2004, S.110.
[38] Ebd. S.114.
[39] Kincaid 1992, S.375.
[40] Hanson 2004, S.114.
[41] Ebd.
[42] Georgieva 2013, S.13.
[43] Lury 2010, S.57.
[44] Ohi 2005, S.124.
[45] Georgieva 2013, S.137.
[46] Fuery 2000 zit. nach Stiglegger 2006, S.218.
[47] Ebd.
[48] Vgl. Stiglegger 2006, S.33.
[49] Ebd., S.45.
[50] Ebd., S.48.
[51] Georigeva 2013, S.40
[52] Vgl. Kapitel 2.1 dieser Arbeit.
[53] Ohi 2005, S.124.
[54] Ebd.
[55] Hanson 2004, S.134.
[56] Kincaid 1992, S.81
[57] Ohi 2005, S.125.
[58] Kincaid 1998, S.11.
[59] Georgieva 2013, S.176.
[60] Vgl. Stiglegger 2006, S.37
[61] Ebd., S.45.
[62] Hanson 2004, S.144.
[63] Ohi 2005, S.124.
[64] Ebd., S.125.
[65] Hopkins 2005, S.xiii.
[66] Gutjahr 2001, S.44.
[67] Smith und Hughes, S.4.
[68] In der Vorlage ist es nur eine gewöhnliche Kiste (Vgl. Wedekind 1994, Kapitel 3. (Internetquelle))
[69] Freud 2012. (Internetquelle)
[70] Eine zwischen 1932 und 1933 entstandene Serie von Filmen, worin kleine Kinder erwachsene Rollen performen.
[71] Lury 2010, S.67.
[72] Georgieva 2013, S.186.
[73] Vgl. Elsaesser und Hagener 2007, S.120 f.
[74] Vgl. Gutjahr 2001 S.48.
[75] Vgl. Kapitel 2.2. dieser Arbeit.
[76] Gutjahr 2001, S.41.
[77] Georgieva, S.173.
[78] Vgl. Gutjahr 2001, S.39.
[79] Wedekind 1994, Kapitel 6. (Internetquelle)
[80] Ebd.
[81] Georgieva 2013, S.173
[82] Ebd.
[83] Vgl. Stiglegger 2006, S.33.
[84] Vgl. Ebd., S.9 und S.33. f. (Auf die erste von insgesamt drei Seduktionsebenen, welche sich auf den Film selbst bezieht (Vgl. Ebd., S.9.) soll in dieser Arbeit nicht Bezug genommen werden.)
[85] Ebd., S.9.
[86] Keine der Figuren wird im Sinne der in Kapitel 2.2 geschilderten Auflösung gewalttätig bestraft.
[87] Vgl. Gutjahr 2001, S.36.
[88] Ebd. S.40.
[89] Vgl. Ebd.
[90] Ebd, S.56.
[91] Ebd.
[92] Stiglegger 2006, S.33
[93] Ebd.
[94] Fuery 2000 zit. nach Stiglegger 2006, S.49.
[95] Stiglegger 2006, S.33.
[96] Vgl. Bartky 1990, S.91.
[97] Wedekind 1994, Kapitel 3. (Internetquelle)
[98] Gutjahr 2001, S.36.
[99] Ebd. S.48.
[100] Vgl. Foucault 1977, S.57.
[101] Gutjahr 2001, S.48.
[102] Vgl. Wedekind 1994, Kapitel 8. (Internetquelle)
[103] Gutjahr 2001, S.48.
[104] Vgl. Wedekind 1994, Kapitel 5 und 6. (Internetquelle)
[105] Vgl. Kapitel 2.3 dieser Arbeit.
[106] Vgl. Kapitel 2.3 dieser Arbeit.
[107] Gutjahr 2001, S.48.
[108] Ebd., S.58.
[109] Vgl. Stiglegger 2006, S.9.
[110] Ebd., S.99.
[111] Ebd., S.45.
[112] Ebd., S.24.
[113] Vgl. Kapitel 1.2. dieser Arbeit.
[114] Ohi 2005, S.124.
[115] Kincaid 1992, S.375.
[116] Vgl. Kincaid 1998, S. 54 f.
[117] Ebd.
[118] Lebeau 2008, S.98.
[119] „[…] our Victorian ancestors manage to make their concept of the erotic depend on the child, just as their idea of the child was based on sexual attraction“ (Kincaid 1998, S.52)
[120] Lebeau 2008, S.98.
[121] Vgl. Ebd, S.86 f.
[122] Dijkstra 1988 z.n. Lebeau 2008, S.92.
[123] Lebeau 2008, S.94.
[124] Kincaid nennt als Beispiele etwa HOME ALONE (R: Chris Columbus, USA 1990) oder auch A PERFECT WORLD (R: Clint Eastwood, USA 1993) (Vgl. Kincaid 1998, S.112 f.)
[125] Kincaid 1998, S.121.
[126] Vgl. Gutjahr 2001, S.52.
[127] Merish 1996 zit. nach Lury 2010, S.70.
[128] Lury 2010, S.70.
[129] Kincaid 1998, S.113.
[130] Stiglegger 2006, S.21.
[131] Ebd.
[132] Vgl. Ebd., S.22.
[133] Ebd.
[134] Vgl. die in Kapitel 1.1 dieser Arbeit beschriebene monsters and innocents-Dichotomie.
[135] Kincaid 1992, S.363.
[136] Thompson 1986, S.134.
[137] Vgl. Ebd., S.134.
[138] Stiglegger 2006, S.42.
[139] Kincaid 1998 S.122f.
[140] Ebd. S.128.
[141] Ebd., S.121.
[142] Ebd.
[143] Stiglegger 2006, S.145.
[144] Kincaid 1993, S.375.
[145] Kincaid 1998, S.30.
[146] Ebd., S.124.

5 Literaturverzeichnis

Primärquellen
INNOCENCE (F 2004) Regie: Lucile Hadzihalilovic, DVD, UK 2006
Wedekind, Frank (1994): Mine-Haha oder Über die körperliche Erziehung junger Mädchen
http://gutenberg.spiegel.de/buch/mine-haha-2603/1 (12.09.2014)
Sekundärliteratur
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Bayer-Berenbaum, Linda zit. nach Hopkins, Lisa (2005): Screening the Gothic. Austin: University of Texas Press. S.xii, Aus: Bayer-Berenbaum, Linda (1982): The Gothic Imagination: Expansion in Gothic, Literature and Art. London/Toronto: Associated University Presses. S. 25.
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Foucault, Michel (1987): Der Wille zum Wissen: Sexualität und Wahrheit I. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.
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http://www.egs.edu/library/sigmund-freud/articles/das-unheimliche/i/ (12.09.2014)
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Stiglegger, Marcus (2006): Ritual und Verführung. Schaulust, Spektakel und Sinnlichkeit im Film. Berlin: Bertz + Fischer Verlag.
Thompson, Kristin (1986): The Concept of Cinematic Excess. S.130-142. In: Phillip Rosen (Hrsg.): Narrative, Apparatus, Ideology. A Film Theory Reader (1986). New York: Columbia University Press.

Filmverzeichnis

A PERFECT WORLD (PERFECT WORLD, USA 1993), Regie: Clint Eastwood
BABY DOLL (BABY DOLL – BEGEHRE NICHT DES ANDEREN WEIB, USA 1956), Regie: Elia Kazan
BEWARE: CHILDREN AT PLAY (USA 1989) Regie: Mik Cribben
HOME ALONE (KEVIN – ALLEIN ZU HAUSE, USA: 1990) Regie: Chris Columbus
SHOCK (SCHOCK, I 1977) Regie: Mario Bava
THE BAD SEED (BÖSE SAAT, USA 1956) Regie: Melvin LeRoy
THE CHILDREN’S HOUR (INFAM, USA 1961) Regie: William Wyler
THE EXORCIST (DER EXORZIST, USA 1973) Regie: William Friedkin
THE INNOCENTS (SCHLOSS DES SCHRECKENS, GB 1961) Regie: Jack Clayton
THE OMEN (DAS OMEN, USA 1976) Regie: Richard Donner
THE VILLAGE OF THE DAMNED (DAS DORF DER VERDAMMTEN, GB 1960) Regie: Wolf Rilla
WAR BABIES (USA 1932) Regie: Charles Lamont